Nach einer langen, intensiven Vorbereitungszeit war es letzte Woche so weit: Über 600 Teilnehmende gaben sich vor Ort ein Stelldichein am Kongress in Luzern, der erstmals hybrid durchgeführt worden ist. Zwei spannende Tage, gespickt mit interessanten Vorträgen und belebt durch viele persönliche Begegnungen, sind zu Ende gegangen. Ein herzliches Dankeschön an das wissenschaftliche OK unter der Leitung von Nicole Ritz und Martin Stocker. Mit viel Herzblut und Engagement habt ihr den Kongress beflügelt. Danke aber auch den vielen Helfer:innen im Hintergrund, ohne die ein solcher Anlass nicht möglich wäre. Die vielen positiven Rückmeldungen geben uns Schwung für das neue Vereinsjahr und die nächste Durchführung.
Claudia Baeriswyl
Generalsekretärin
Der Kongress wurde durch die Luzerner Regierungsrätin Michaela Tschuor eröffnet. Über 800 Fachpersonen haben sich über aktuelle Themen und Trends in der Kindermedizin informiert.
Dabei spielten die digitale Transformation und künstliche Intelligenz eine grosse Rolle. Die eingeladenen Expert:innen, darunter Katrin Hoffmann, Chief Medical Officer am Kinderspital Zentralschweiz, waren sich einig: Die Digitalisierung stellt eine grosse Herausforderung und Chance für alle Beteiligten dar. So erfordert sie zwar grosse Investitionen, verändert aber schon jetzt den klinischen Alltag sowie die Patientenbehandlung positiv und ermöglicht wichtige Innnovationen in der Kindermedizin.
Nicole Ritz fasste zwei wichtige Erkenntnisse zusammen: «Die Digitalisierung ermöglicht Zeit und Kosten zu sparen, aber diese Umsetzung geschieht im Augenblick erst teilweise. Und künstliche Intelligenz (KI) benötigt Ausbildung: Der Umgang mit KI und Daten muss im Medizinstudium, in der Weiterbildung zur Fachärzt:in und im klinischen Alltag trainiert werden, damit diese optimal zur Entlastung und Unterstützung des Fachpersonals eingesetzt werden können.»
Infektionswellen vorhersagen wie das Wetter
«Pandemie und Epidemien» bildeten ein weiteres Kernthema am Kongress. Sie werden die Kindermedizin auch in Zukunft weiter beschäftigen. Eine der wichtigsten aktuellen Epidemien, die Erkrankung mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV), stand im Zentrum der Vorträge und Diskussionen. «Hier sehen wir seit Jahren eine grosse Anzahl Kinder, die im Winter erkranken und die Gesundheitssysteme stark beanspruchen», erklärt Nicole Ritz.
Am Kongress wurden die Erfolge der neuen Impfstoffe gegen RSV gezeigt. Diese werden im Herbst auch in der Schweiz zum Einsatz kommen. In zwei spannenden Vorträgen wurden zudem Modelle vorgestellt, mit denen in Zukunft auch Infektionswellen wie das Wetter vorhergesagt werden können. Dabei spiele auch das Verhalten – also der menschliche Faktor – in Infektionswellen eine wichtige Rolle. Zudem wird die Kommunikation entscheidend sein, um das Verhalten von Familien und Kindern beeinflussen zu können.
Frühe Lebensphase entscheidend für die Gesundheit
Im dritten Kernthema wurde die Bedeutung der ersten Lebensphase für die zukünftige Gesundheit beleuchtet. Wichtige Schlussfolgerungen waren: Die normale Entwicklung des individuellen Mikrobioms ist eine wichtige Basis für die Zukunft, und unnötige Antibiotika-Therapien zu Beginn des Lebens haben einen negativen Einfluss. Epigenetische, also umweltbedingte Veränderungen der DNA haben eine grosse Bedeutung und beeinflussen die Gesundheit auf vielfältige Weise. Die emotionale Resonanz ist entscheidend für die zukünftige Entwicklung in der Kindheit und als Jugendliche. Für Martin Stocker ist klar: «Die frühe Lebensphase ist entscheidend für die zukünftige Gesundheit der Bevölkerung, und dieses Potenzial wird in der aktuellen Gesundheitsversorgung zu wenig genutzt.»