Die Omikron-Welle führt auch bei Kindern im Primarschulalter zu sehr hohen Fallzahlen. Schutzmassnahmen, zu denen das Tragen von Masken zählt, wurden in den meisten Kantonen verschärft, was die Diskussion um Vor- und Nachteile des Maskentragens im Schulsetting erneut aufflackern lässt. Im epidemiologischen Kontext der Omikron-Variante nehmen pädiatrie schweiz und Kinderärzte Schweiz folgendermassen Stellung:
(1) Vorbemerkung zur Omikron-Variante: Entgegen diverser Erstmeldungen aus Südafrika und den USA im Dezember 2021 finden sich in der Schweiz bisher keine Hinweise dafür, dass die Omikron-Variante schwerere Krankheitsverläufe bei Kindern und Jugendlichen verursacht als die Alpha- und Deltavarianten. Erste spitalinterne Daten aus Schweizer Kinderkliniken nach drei Wochen Omikron-Dominanz suggerieren, dass Hospitalisationen mit Nachweis von SARS-CoV-2 im Eintritts-Screening im Verhältnis zu den Gesamtfallzahlen eher seltener sind als in den vorangehenden Wellen, sich klinisch gleich präsentieren und häufig aus anderem Grund erfolgen.
Daten Inselspital, nationale Daten sind gegenwärtig nicht verfügbar.
(2) Indikation zum Maskentragen im Schulsetting: Diverse Faktoren dürften zusätzlich zum noch nicht definitiv einschätzbaren Schweregrad der Omikron-Infektion zu den behördlichen Entscheiden zur Maskenpflicht im Schulsetting beigetragen haben. Dazu gehören u.a. der Schutz der Lehrkräfte, die gegenwärtig in kritischem Ausmass auszufallen drohen, die mögliche Virusverschleppung aus der Schulumgebung in die Familien der Schüler:innen, die Elternmeinungen und die Gestaltung des gesamten Schutzkonzepts vor Ort.
(3) Tragsicherheit der Masken für Kinder: Aus medizinischer Sicht hat sich gegenüber unseren vorgängigen Stellungnahmen vom 17.11.2020 und vom 10.02.2021 nichts geändert. Das Tragen der chirurgischen Maske ist für Schüler:innen im Primarschulalter atemphysiologisch unbedenklich. Die Sauerstoffaufnahme und die CO2-Abgabe werden nicht beeinträchtigt. Unangenehme Nebeneffekte wie Hautirritationen nach langem Tragen sind allerdings möglich. In einer epidemiologisch zugespitzten Lage, wie dies im Rahmen der Omikron-Welle der Fall ist, ist das generelle Maskentragen in der Primarschule für eine beschränkte Zeitperiode und als Teil eines umfassenden Massnahmenpakets aus pädiatrischer Sicht zumutbar und zur Aufrechterhaltung des Präsenzunterrichts sinnvoll.
Diese Einschätzung zur Sicherheit des Maskentragens ab dem Alter von 6 Jahren ist konsistent mit Stellungnahmen von Fachgesellschaften in Deutschland, der WHO, des European Centre for Disease Control and Prevention (ECDC), der Centers for Disease Control (CDC) und der American Academy of Pediatrics (AAP).
(4)Maskentyp: Im Schulsetting sollte wenn immer möglich die chirurgische Maske (medizinischer Mund-Nasen-Schutz, OP-Maske) zum Einsatz kommen. Die FFP2 Maske sollte aus pädiatrischer Sicht als Pflichtmassnahme vermieden werden, auch wenn ihre Filterfunktion im experimentellen Setting der chirurgischen Maske überlegen ist. FFP2 Masken weisen einen hohen Atemwiderstand und einen geringen Tragkomfort auf und werden auch von Erwachsenen bei langer Tragdauer häufig schlecht toleriert. FFP2 Kindermasken gelten als ungenügend ausgereift (K-Tipp,Stiftung Warentest). Wir antizipieren deshalb bei Primarschüler:innen eine ungenügende Tragdisziplin und störende Auswirkungen auf die Lernbereitschaft und das Wohlbefinden im Unterricht.
(5) Dauer des Maskenobligatoriums: Wir empfehlen, dass die Zeitdauer des Maskenobligatoriums in den Primarschulen kurz gehalten wird und den Schüler:innen und deren Familien der Zeitpunkt der Aufhebung frühzeitig, idealerweise bereits zu Beginn des Tragobligatoriums, mitgeteilt wird. Weil die Omikron-Variante sehr hohe Fallzahlen verursacht, antizipieren wir, dass möglicherweise bereits im Februar 2022 genügend Daten zum klinischen Schweregrad von Omikron-Infektionen bei Kindern vorliegen und eine zeitnahe Reevaluation der Maskenpflicht erlauben werden.
(6) Zusätzliche Massnahmen: Eltern, die ihr Kind optimal schützen wollen, empfehlen wir die COVID-19 Impfung gemäss den aktuell gültigen Empfehlungen von EKIF und BAG. Neue Daten belegen nun auch die Schutzwirkung der Impfung gegen PIMS-TS (siehe News vom 10.01.2022). Die Teilnahme an Reihentests in Schulen ist dann hilfreich, wenn möglichst alle Schüler:innen und Lehrpersonen konsequent teilnehmen.
COVID-19: Maskentragen
in der Primarschule