Einführung
Die hereditäre Epidermolysis bullosa (kurz EB) ist eine Gruppe seltener genetischer Hauterkrankungen, die sich durch eine erhöhte Hautfragilität als Folge von strukturellen Veränderungen in der dermo-epidermalen Junktionszone auszeichnet. Aufgrund einer reduzierten Stabilität zwischen den verschiedenen Hautschichten besteht eine eingeschränkte Widerstandsfähigkeit gegenüber mechanischer Belastung, so dass selbst leichte Traumata oder milde Scherkräfte zu Blasenbildung und Ablösungen an der Haut und, je nach Subtyp, auch an Schleimhäuten von Mund, Auge und Magen-Darm-Trakt führen können.
Intensive Forschungsaktivitäten der letzten Jahre haben dazu beigetragen, die molekularen Grundlagen und den natürlichen Verlauf von EB besser zu verstehen, was zu verschiedenen Behandlungsansätzen geführt hat. Durch diesen Artikel sollen ein besseres Verständnis für diese seltene Erkrankung vermittelt, die in der Schweiz bestehenden Strukturen und Spezialambulanzen aufgezeigt und die aktuellen Therapieoptionen vorgestellt werden.
Was ist EB?
Gemäss der Lage der Spaltbildung in der Haut werden vier EB-Formen unterschieden:
EB simplex (EBS, epidermale Spaltbildung), junktionale EB (JEB, junktionale Spaltbildung), dystrophe EB (DEB, dermale Spaltbildung) und Kindler EB (gemischte Spaltbildung) (Abb 1). Innerhalb dieser differenziert man diverse Subtypen, die sich hinsichtlich der Schwere des Krankheitsbildes und den möglichen Sekundärkomplikationen deutlich unterscheiden. Je nach betroffenem Gen und der Restfunktion des zugehörigen Proteins können neben der Haut noch andere ektodermale Strukturen wie Haare, Nägel und Zähne verändert sein. Bei einzelnen syndromalen Formen der EB gehören Organbeteiligungen sogar zu den definierenden Symptomen(1).
Epidemiologische Daten zu Inzidenz und Prävalenz sind international sehr unterschiedlich. Neuere Artikel aus England und Deutschland schätzen eine Prävalenz von knapp 35-54 Betroffenen/1 Mio. Einwohner mit einer Inzidenz zwischen 45-68 betroffenen Neonaten/1 Mio. Lebendgeburten(2,3). Während EB die Geschlechter gleichermaßen betrifft, gibt es doch geographische Unterschiede sowohl bezüglich der EB Untergruppen und auch der Häufigkeit des Auftretens, was vermutlich auf kleinere Genpools in bestimmten Regionen und soziokulturelle Einflüsse wie Konsanuguinität zurückzuführen ist.
Diagnostik der EB
Gerade bei Neugeborenen ist eine rasche Diagnosestellung mittels geeigneter Untersuchungen für die Familien und das betreuende Team von grosser Bedeutung, da die klinischen Zeichen auch für geübte Kliniker keine abschliessende Beurteilung ermöglichen (siehe z.B. Abb.2) und sich die Prognose der einzelnen Formen hingegen sehr unterscheidet.
Bei Neugeborenen wird eine Zweistufen-Diagnostik bestehend aus einem Immunfluoreszenzmapping (IFM) aus einer frischen Hautbiopsie sowie einer genetischen Analyse durchgeführt(4). Das IFM ermöglicht eine schnelle (innerhalb weniger Tage), orientierende Klärung des EB-Typs und erlaubt häufig auch schon eine erste Einordnung in leichte und schwere Unterformen, während die genetische Analyse aus dem Blut von Eltern und Kind dann die Diagnose mit dem genauen Gen, der Mutation und dem Erbgang konkretisiert. Stellen sich Betroffene erst im Verlauf des Lebens vor, erfolgt oft nur die genetische Untersuchung(5). Gerade bei schweren EB-Formen ist für die weitere Familienplanung die Kenntnis der genetischen Resultate der EB von grosser Relevanz, da sie eine eventuelle Pränatal- oder Präimplantationsdiagnostik ermöglicht.
EB-Typen und klinischer Verlauf
EB simplex (EBS)
Die EBS ist mit einer Inzidenz von >30% die grösste Subgruppe bei Neugeborenen(2). Sie zeigt ein diverses Bild mit 7 möglichen auslösenden Genen und 14 klinischen Untergruppen. Während die meisten Fälle einer EBS autosomal dominant mit Mutationen in KRT5 und KRT14 vererbt werden und mit einem milden bis moderaten klinischen Bild einhergehen, gibt es auch Untergruppen, die eine hohe Morbidität und gar Mortalität mit sich bringen, sodass eine genetische Untersuchung von grosser Bedeutung ist.
Bei Neugeborenen mit einer EBS kann eine ausgeprägte und lebensbedrohliche Hautfragilität vorliegen, die manchmal zu Fragen der Sinnhaftigkeit weiterer Massnahmen seitens der Erstversorger und Intensivstationen führt. Wenn die Kinder diese erste bedrohliche Phase aber hinter sich gelassen haben, zeigt sich im weiteren Verlauf eine deutliche Stabilisierung der Haut und in vielen Fällen ist dann -trotz des dramatischen Beginns- ein nahezu normales Leben möglich. Viele EBS Betroffene leiden unter einer Zunahme der Blasenbildung in der heißen Jahreszeit, Hyperhidrose, störenden palmoplantaren Hyperkeratosen und Nageldystrophien.
Extrakutane Manifestationen sind bei der EBS selten. Eine Ausnahme stellen bestimmte Unterformen dar, wie z.B. EBS mit KLHL24 Mutation, welche mit einem hohen Risiko für schwere dilatative Kardiomyopathien einhergeht, auf die ab dem zweiten Lebensjahrzehnt gescreent werden muss(6).
Aufgrund der abnehmenden Hautfragilität, mangels kausaler Therapien und aufgrund häufig guter Kenntnisse der Hauterkrankung bei Familien mit autosomal dominantem Erbgang und mit Auftreten über mehrere Generationen stellen sich die Betroffenen über die Jahre eher seltener in den spezialisierten Zentren vor.
Junktionale EB (JEB)
Die JEB – weniger als 10% aller Fälle – wird immer autosomal rezessiv vererbt, es sind sieben mögliche betroffene Gene bekannt, am häufigsten werden Mutationen in LAMA3, LAMB2, LAMC2 und COL17A1 nachgewiesen(1).
Bei der JEB werden intermediäre als auch schwere Formen gesehen. Bei den intermediären Formen steht die persistierende Hautfragilität im Vordergrund der Behandlung. Zahnschmelzanomalien, Nagel- und z.T. auch Haarveränderungen sind sehr häufig. Viele der bei JEB veränderten Gene spielen auch in den Nieren und/oder ableitenden Harnwege eine Rolle, so dass hier entsprechende extrakutane Komplikationen gehäuft gesehen werden(7). In den schwersten Fällen (JEB schwer generalisiert, früher JEB Herlitz), ist die Lebenserwartung der betroffenen Kinder auf wenige Monate bis Jahre limitiert, die Gründe dafür sind nicht vollständig geklärt und Therapien stehen nicht/oder nur sehr limitiert zur Verfügung. Hier ist von den spezialisierten Zentren neben einer guten Versorgung der dermatologischen Aspekte v.a. ein gutes Case Management unter Einbeziehung weiterer Spezialisten wie z.B. eines Palliativ- und Schmerzteams und ein psychologischer Support gefordert(8).
Dystrophe EB (DEB)
Der DEB liegen stets eine oder zwei Mutationen im Gen COL7A1 zugrunde, es kommt zu einer Dysfunktion oder Fehlen der Ankerfibrillen in der oberen Dermis. Der Vererbungsmodus kann autosomal dominant oder rezessiv sein. Obgleich diese Subgruppe nur geschätzt 25% der Patienten repräsentiert, ist es doch die Patientengruppe, die in den meisten EB-Zentren am häufigsten gesehen wird, da bei den intermediär und schwer Betroffenen mit rezessiver DEB (RDEB) ein großes Spektrum an Sekundärkomplikationen aufritt.
Bei der DEB sind es v.a. diejenigen mit rezessiven Formen (RDEB intermediär und schwer generalisiert), bei denen es als Folge der Wunden, Vernarbungen, Superinfektionen und Entzündung zu einem großen Spektrum an Sekundärkomplikationen kommen kann. Tabelle 1 zeigt, dass Betroffene mit RDEB schwer generalisiert am häufigsten Sekundärkomplikationen erleiden, inklusive einer verkürzten Lebenserwartung in Folge gehäuft auftretender, aggressiver Plattenepithelkarzinome (SCC) (1,9.10).
Kindler EB
Die Kindler EB ist Folge von FERMT1-Mutationen (syn. KIND1)(1). Da sie nur einen sehr geringeren Anteil (<1%) der EB Betroffenen betrifft, wird auf diese seltene Form in diesem Artikel nicht genauer eingegangen.
EB-Versorgungsstrukturen in der Schweiz
Die Betreuung von EB-Betroffenen bedarf einer multidisziplinären Zusammenarbeit zwischen ärztlichen und pflegerischen Fachpersonen, Sozialberatung, Ernährungsberatung, verschiedenen chirurgischen Disziplinen, der interventionellen Radiologie, der Physio- und Ergotherapie sowie einer guten Kooperation mit den Schmerzdiensten, den Kollegen der Psychologie und vereinzelt auch dem Palliativdienst.
Es gibt in der Schweiz zwei Universitätsspitäler, die eine solche multidisziplinäre Sprechstunde für EB-Betroffene anbieten – das Kinderspital Zürich, wo vorwiegend Säuglinge, Kinder und Jugendliche betreut werden, sowie das Inselspital Bern, wo die Sprechstunde sowohl Kindern als auch Erwachsenen offensteht. In der Romandie gibt es an den dermatologischen Kliniken in Lausanne und Genf ebenfalls Spezialisten mit Erfahrung mit EB, während die Patienten aus dem Tessin meist gemeinsam von einem der genannten Zentren und von Kollegen vor Ort betreut werden.
An beiden Zentren gibt es EB-Pflegeexpertinnen, die als Bindeglied zwischen der Versorgung im Spital, durch Familien und Spitex zu Hause fungieren und teils auch in den Schulen, durch Teilnahme an Fachkonventen oder bei Schulungen, präsent sind. Die EB-Pflegeexpertinnen sind oft erste Anlaufstelle für die Familien. Sie erleichtern z.T. durch Hausbesuche (vorwiegend Berner Angebot), vorgängig zu den multidisziplinären EB-Sprechstunden, die Versorgung der Familien und entlasten das Behandlungsteam. Beide Teams werden ergänzt von einer Sozialberatung, die die Familien bei diversen Themen und Fragen zu IV, finanziellen Aspekten und Koordination mit den Schulbehörden unterstützt.
Die Pflege der Patienten wird in aller Regel von den Familien, vielfach mit Unterstützung durch die häuslichen Pflegedienste (Spitex/Kinderspitex) übernommen, was eine große Entlastung der Familien darstellt und für die langfristige Unabhängigkeit der Betroffenen unabdingbar ist.
Die Kosten für medizinische Maßnahmen und Hilfsmittel übernimmt bei den in der Schweiz (und gewissen anderen europäischen Ländern) geborenen Kindern die IV nach Anerkennung des GgV 105. Bei der IV können je nach Schwere der Erkrankung auch zusätzliche Leistungen wie z.B. Rückerstattung von Fahrtkosten, eine Hilflosenentschädigung u.ä. beantragt werden. Ab dem 20. Lebensjahr werden die meisten dieser Kosten von der Krankenkasse übernommen.
Die Selbsthilfegruppe DEBRA, bestehend aus betroffenen Familien, engagierten anderen Mitgliedern sowie auch medizinischen Fachpersonen, hat sich eine gute Vernetzung, Unterstützung und Information sowohl von Betroffenen als auch Fachpersonen zum Ziel gemacht. Über Fundraising und Events machen sie darüber hinaus die Krankheit der Öffentlichkeit stärker bekannt.
DEBRA (https://www.schmetterlingskinder.ch/) unterstützt sowohl die beiden EB-Zentren als auch die Betroffenen und fördert zudem die beiden jährlichen Fortbildungsveranstaltungen für medizinisches Fachpersonal – das Zürcher EB-Symposium mit verschiedenen Vorträgen rund um EB, sowie das EB-Kolloquium, welches Raum für informelle Fallbesprechungen gibt und sich aus wiederholten Anfragen von der Kinderspitex entwickelt hat.
Epidermolysis bullosa – Therapiemöglichkeiten in Gegenwart und Zukunft
Therapielandschaft bislang
Die Therapie war bis vor kurzem im Wesentlichen auf präventive Schutzmassnahmen, eine optimale Wundversorgung, symptomatische Behandlungsversuche und einem interdisziplinären Krankheitsmanagement der kutanen und extrakutanen Komplikationen beschränkt. Es besteht dringender Bedarf für verbesserte Therapien, wobei sowohl neue, speziell für die seltene Erkrankung EB entwickelte Produkte (sog. Orphan drugs) als auch bekannte Medikamente für neue Indikationen (sog. drug repurposing) zum Einsatz kommen.
Die therapeutischen Ansätze können grob in symptomlindernde Therapien (z.B. durch Verbesserung der Wundheilung) und kurative Therapien durch genkorrektive Verfahren eingeteilt werden. Die aus unserer Sicht vielversprechendsten bzw. aktuellsten Ansätze möchten wir im Folgenden auszugsweise vorstellen.
EB-spezifische Neuzulassungen: Filsuvez® (Fa. Chiesi) und Vyjuvek® (Fa. Krystal Biotech)
Im Sommer 2022 wurde Filsuvez® Gel (Fa. Chiesi) zunächst von der EMA, Ende 2023 auch durch die FDA zur Therapie von Wunden bei dystropher und junktionaler EB zugelassen. Es handelt sich um ein Triterpen-Extrakt aus Birkenrinde, das zu einer schnelleren Wundheilung beiträgt und somit eine symptomlindernde Therapie darstellt(11,12). Trotz bislang ausstehender Zulassung durch SwissMedic konnte auch in der Schweiz über Kostengutsprachengesuche gemäss Art. 71c (regelt die Kostenübernahme von Medikamenten, welche im Ausland, aber nicht in der Schweiz zugelassen sind und importiert werden müssen) etlichen EB-Betroffenen einen Therapieversuch mit Filsuvez® ermöglicht werden, wobei der Therapieerfolg individuell sehr unterschiedlich war. Die Therapiekosten liegen bei ca. 350 CHF pro Tube, bei einem Bedarf von oft mehreren Tuben pro Woche je nach Wundfläche. Filsuvez® ist dabei als ergänzende topische Therapie in einem bestehenden Wundbehandlungskonzept zu sehen.
Im Sommer 2023 wurde durch die FDA in den USA Vyjuvek® (Beremagene Geperpavec, kurz B-VEC, Fa. Krystal Biotech) für die Behandlung grösserer Wunden bei dystropher EB zugelassen. Hierbei handelt es sich um ein Gelpräparat mit gentechnisch modifizierten Herpes simplex-Viren, die COL7A1-DNA tragen und dieses in vivo bei der dystrophen EB fehlende Gen in patienteneigenen Keratinozyten und Fibroblasten einbringt, sodass die Zellen selbst Kollagen VII produzieren(13). Da die Halbwertszeit von Kollagen VII bei ca. 30 Tagen liegt und die transfizierten Keratinozyten an die Hautoberfläche wandern, kornifizieren und schliesslich abgestossen werden, ist der Effekt nicht dauerhaft, wobei manche Familien auch von einer länger anhaltenden Hautstabilität berichten. Aus den Phase I-III Studien wurden überzeugende Daten zur beschleunigten Wundheilung publiziert; nach eigenen Erfahrungen aus Mitarbeit in der Open-label-Extension Study in den USA scheinen insbesondere jüngere Patienten mit nicht zu grossen, nicht chronischen Wunden zu profitieren. Diesen positiven Effekten gegenüber stehen ein hoher zeitlicher, logistischer sowie auch ein enormer finanzieller Aufwand: Die Therapie muss wöchentlich durch Arzt- oder Pflegefachperson aufgetragen werden und bleibt 24 Stunden unter Folie auf der Haut, um ein hinreichendes Eindringen in die Zielzellen zu gewährleisten. Die Therapiekosten werden herstellerseitig mit ca. $500.000 jährlich angegeben, was den Zugang der Betroffenen zu dieser Therapie nicht erleichtern dürfte.
Durch die Firma wurde ein Antrag auf Zulassung bei der EMA gestellt, eine Entscheidung wird für Winter 2024/2025 erwartet. Über §71c des KVV hoffen wir, den Schweizer Betroffenen das Medikament vor Zulassung durch die Swissmedic (Zeitpunkt ungewiss) zugänglich zu machen.
Bekannte Medikamente für neue Indikationen: Drug Repurposing
Seit der Publikation der überzeugenden antifibrotischen Wirkung von Losartan in der Prävention digitaler Verwachsungen im RDEB-Mausmodell(14) wurde in diversen Fallserien sowie einer grossen monozentrischen Phase I/II-Studie mit pädiatrischem Patientengut die Sicherheit und Wirksamkeit von Losartan belegt(15). Dieser Effekt ist bei anderen Bindegewebserkrankungen wie dem Marfan-Syndrom bereits bekannt. Wir setzen in den EB-Zentren Zürich und Bern inzwischen bei nahezu allen Patienten mit RDEB Losartan (Zieldosis 1-1,4 mg/kgKG/d) ein, die Verträglichkeit ist hervorragend, subjektiv sehen wir bessere Handbefunde und einige Patienten berichten von weniger Schluckbeschwerden im Rahmen der Ösophagusbeteiligung.
Ein weiteres effektives drug repurposing erfolgt mit dem alten Aminoglykosid-Antibiotikum Gentamicin. Dieses führt bei bestimmten Stopmutationen in COL7A1 sowie bei einzelnen JEB-Subtypen zu einem Überspringen von Exonen bei der Transkription (exon skipping). Es resultiert ein funktionell besseres Protein(16.17). Wir behandeln v.a. grössere Wunden zyklusweise mit Infectogenta® (Monopräparat) oder Diprogenta® (Kombination mit topischem Glukokortikoid) Creme und sehen einen positiven Mehrfach-Effekt mit verbesserter Hautstabilität und Wundheilung (durch das Exon skipping), antimikrobielle Effekte und bei Diprogenta zusätzlich antiinflammatorische Wirkung durch das enthaltene Glukokortikoid. Eine Langzeitanwendung ist aufgrund möglicher Resistenzentwicklungen, oto- und nephrotoxischer Nebenwirkungen sowie der nicht empfohlenen Langzeitanwendung topischer Glukokortikoide nicht möglich. Zu topischem Gentamicin sowie zu QR-313, einem antisense-Oligonukleotid, das zu Exon skipping bei durch Mutationen auf Exon 73 von COL7A1 verursachter DEB führt, laufen aktuell Studien (ClinicalTrials.gov Identifiers NCT03526159, NCT04644627, NCT03392909, NCT04140786 und NCT03605069). Bei Säuglingen mit schwerer JEB wurden durch i.v.-Infusionen von Gentamicin im Rahmen der palliativen Versorgung beschwerdelindernde Effekte gesehen(18).
Der IL-4-/IL-13-Inhibitor Dupilumab, zugelassen für die Therapie der schweren atopischen Dermatitis ab 6 Monaten, führte in verschiedenen Fallberichten und -Serien zu einer überzeugenden Juckreizlinderung und Symptomverbesserung bei verschiedenen EB Typen, v.a. der DEB pruriginosa(19). In den USA läuft hierzu eine klinische Studie (ClinicalTrials.gov Identifier NCT05649098), wir behandeln in der Schweiz bereits einzelne Patienten nach Einzelfallgesuch und entsprechender Kostengutsprache.
Weitere Ansätze in der Pipeline
Nur kurz erwähnt werden soll die in den USA laufende Studie zu „EB 101“, bei der patienteneigene, genmodifizierte Keratinozyten zu Sheets kultiviert und auf chronische Wunden transplantiert werden (ClinicalTrials.gov Identifier NCT05725018)(20). Während im Tiermodell infundiertes Kollagen VII in die Haut strebt(21), konnte bislang kein entsprechendes Präparat zur Proteinersatztherapie durch Studien zur Marktreife gebracht werden.
Aus der multizentrische Phase III-Studie für Rigosertib, einem Polo-1-Kinase-Inhibitor für die Behandlung fortgeschrittener Plattenepithelkarzinome bei RDEB, wurden bislang nur einzelne teilerfolgreiche Fälle präsentiert, die Gesamtresultate stehen aus.
Für die (für Betroffene frustierenderweise) oft als „mild“ bezeichnete EB simplex gab es in den letzten Jahren nur wenige Therapieansätze; hierunter erbrachte der antiinflammatorisch wirksame Rhabarberextrakt Diacerin(22,23) teils positive Ergebnisse bei schwer generalisierter EBS, die Studienendpunkte waren aber unglücklich gewählt und die Ergebnisse daher nicht überzeugend. Eine Neuauflage mit höherer Diacerin-Konzentration und verbessertem Studiendesign ist in Vorbereitung.
Ausblick
Da EB eine komplexe Erkrankung mit schweren Symptomen weit über die Haut hinaus ist, wird voraussichtlich keiner der genannten Ansätze alleine eine Heilung bringen. Vielmehr ist eine individuelle Wahl und Anpassung der aktuellen und zukünftigen Therapieoptionen erforderlich. Die individuelle Behandlung von EB-Betroffenen im multidisziplinären Team bleibt dabei essentiell. Dass sich dabei unsere therapeutische Toolbox gerade um verschiedene Therapeutika erweitert, lässt für die Betroffenen hoffen.
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