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Symptomkontrolle in der pädiatrischen Palliative Care – Wissenswertes und Hilfreiches

Palliativmedizin

Die Behandlung von belastenden Symptomen stellt einen Grundbaustein der pädiatrischen Palliative Care (PPC) dar. In diesem Artikel werden einige der häufigsten belastenden Symptome und deren Therapiemöglichkeiten vorgestellt.

Einleitung

Die im Nachfolgenden beschriebenen Möglichkeiten zur Symptomkontrolle stellen die Basis für die behandelnden Pädiater:innen dar. Spezialsituationen erfordern Spezialistenwissen – das gilt für die PPC genauso wie für andere Spezialgebiete der Pädiatrie. Daher empfehlen wir in schwierigen Situationen oder bei Unsicherheiten die Kontaktaufnahme mit einem PPC-Team. Dieses steht immer in engem Austausch mit den zuständigen Fachspezialist:innen wie beispielsweise Neuropädiater:innen, Onkolog:innen, etc.

Aufgrund der Vielzahl seltener Erkrankungen können therapeutische Massnahmen sehr unterschiedlich sein. Prinzipiell kommt bei allen beschriebenen Symptomen und deren Behandlung das bio-psycho-sozio-spirituelle Erklärungsmodell, das auch dem Konzept des «Total Pain» zugrunde liegt, zum Tragen. Für die vorgestellten Massnahmen gilt der Grundsatz, Entscheidungen zusammen mit den Patient:innen und deren Familien, deren individuellen Therapiezielen und der jeweiligen Situation abzuwägen.

Dyspnoe

Dyspnoe ist eines der häufigsten leidvollen Symptome am Lebensende. Sie kann nicht an objektiven Parametern gemessen werden, vielmehr handelt es sich um das subjektiv erlebte belastende Gefühl von unangenehmer oder erschwerter Atmung. Bei kommunizierenden Kindern lässt sich das Ausmass der Dyspnoe analog zum Schmerz z. B. mit einer NRS (numeric rating scale) einschätzen. Für nichtverbal kommunizierende Erwachsene und Kinder < 1 Jahr wurde der Respiratory Distress Observation Scale validiert, für nichtverbal kommunizierende Kinder > 1 Jahr steht kein Messinstrument zur Verfügung(1,2).

Zugrundeliegende mögliche Ursachen der Dyspnoe sind vielfältig und liegen oft kombiniert vor. Beispiele sind:

  • pulmonal: Pneumopathie, Infektionen, Sekret, Atelektase, Tumor, Erguss, Pneumothorax, lungenvolumeneinschränkende Ursachen wie Aszites, Zwerchfellhochstand, Hepatomegalie
  • kardial: Herzinsuffizienz, Perikarderguss
  • muskulär: neuromuskuläre Grunderkrankung, Zwerchfellhochstand, …
  • ZNS: medikamentös induzierte Atemdepression, Hirnverletzung, Hirndruck, …
  • psychisch: Angst, Panik
  • weitere: Flüssigkeitsüberladung, Kachexie, Anämie

Diagnostik und Therapie richten sich nach den zugrundeliegenden Ursachen, deren potenzieller Reversibilität und der Krankheitsphase. Sie sollen jeweils gegen die mögliche Belastung abgewogen werden. Eine kausale Therapie ist immer vorzuziehen, falls sie sinnvoll und mit den übergeordneten Therapiezielen vereinbar ist.

Nicht-medikamentöse, pflegerische und psychologische Massnahmen spielen eine ebenso grosse Rolle wie medikamentöse Ansätze(3):

  • Anpassung der Lagerung, meist bevorzugen Kinder eine Hochlagerung des Oberkörpers
  • Verbesserung der Luftzirkulation: Frischluftzufuhr, Ventilator, evtl. Abkühlung der Zimmertemperatur
  • Erhöhen der Luftfeuchtigkeit (Cave Kontamination bei Luftbefeuchtern)
  • Entspannungs- und Ablenkungsverfahren, Coaching in Bewältigungsstrategien
  • Medizinische (Selbst-) Hypnose (Dissoziation in der Trance)
  • Aromaöltherapie: mit z.B. Cajeput, Fichtennadel sibirisch, Lavendel als Einreibungen / Massagen, Ölkompressen, Bäder / Fussbäder
  • Akupunktur / Akupressur

Oft wünschen sich Eltern den aktiven Einbezug bei nicht-medikamentösen, pflegerischen Massnahmen, da sie dadurch das Gefühl erhalten, etwas Sinnvolles zum Lindern der leidvollen Symptome beitragen zu können.

Medikamentöse Therapie

Kausale Therapien umfassen bei obstruktiver Bronchitis die Inhalation mit Beta-2-Mimetika, gegebenenfalls zusätzliche Gaben von Corticosteroiden. Bei zähem Sekret kann eine Inhalation mit NaCl 0,9% oder MucoClear® 3% (6%) versucht werden. Wir empfehlen bei höherprozentigem NaCl den vorsichtigen Versuch tagsüber, da dies viel Schleim lösen kann. Wichtig ist die Beobachtung, ob das Kind den Schleim abhusten kann. Bei fehlender Muskelkraft oder fehlendem Hustenreflex und ausserhalb der Lebensendphase kann die Anwendung eines Cough Assist Systems Linderung bringen. Komplementärmedizinisch wirken Brustwickel (Cave: Verbrühung), Einreibungen (z.B. mit Thymian, Myrte, Engelwurz und andere) und / oder (Laser-)Akupunktur, Akupressur lindernd bei zähem Sekret oder bei Bronchitiden.

Medikamente der ersten Wahl in der Dyspnoe-Therapie sind Opioide. Die meisten Erfahrungen liegen für Morphin vor, aber auch andere Opioide sind wirksam(4-7). Sie reduzieren effizient das Gefühl der Dyspnoe, verringern die Sensitivität für Hyperkapnie/Hypoxie und senken den O2-Verbrauch. Entgegen häufigen Ängsten verkürzen in der Palliative Care fachgerecht titrierte Opioide das Leben nicht(8-11).

Konkretes Vorgehen: Bei «opioidnaiven» Patient:innen genügen etwa 25-30% der angegebenen analgetischen Startdosis. Somit kann man bei Patient:innen unter 50kg mit einer peroralen Morphin-Dosierung von 0.025-0.075mg/kg/Dosis beginnen (4-stündliche Gaben) mit der entsprechenden Bedarfsmedikation (1/8 bis 1/6 der Tagesdosis für 1 Reservedosis pro Stunde). Bei über 50kg betragen mögliche Startdosen 1.25 – 4.5mg p.o.

Bei «nicht-opioidnaiven Patient:innen» werden bei Auftreten von Dyspnoe dem Grundbedarf entsprechend zusätzliche Bedarfs-Dosen verabreicht. Generell gilt, dass Patient:innen mit Tumor-bedingter Dyspnoe meist höhere Dosen benötigen als Patient:innen mit anderen Erkrankungen. Bleibt der Erfolg der Opioidtherapie aus, können additiv Benzodiazepine zur Anxiolyse eingesetzt werden. Bezüglich konkreter Dosierung auch von im nachfolgenden Text erwähnter Medikamente verweisen wir auf entsprechende Fachliteratur. Einen detaillierten Überblick gibt beispielsweise die Association of Paediatric Palliative Medicine.

Sauerstoffgaben und infolgedessen Messungen der O2-Sättigung sollten sehr zurückhaltend in Erwägung gezogen werden. Sauerstoff ist ein Medikament mit Nebenwirkungen wie beispielsweise Schlaflosigkeit, Mundtrockenheit, motorischer Unruhe sowie nasalen Ulzera. Bei nicht-hypoxischen, erwachsenen Patient:innen erwies sich die Gabe von Sauerstoff in randomisierten, kontrollierten Studien als wirkungslos(12).

Bei erschwerter Atemarbeit besteht die Möglichkeit einer nicht-invasiven Beatmung (NIV) oder der High-Flow-Therapie mit besserer Symptomkontrolle im Vergleich zur einfachen Sauerstoffgabe. Dies erfordert jedoch ein besonderes Know-How, zusätzliche Technik im Haushalt und kann für Familien bzw. die häusliche Versorgung sehr einschränkend sein. Die Anwendung sollte nur nach sorgfältiger Abwägung und Prüfung der Therapieziele gemeinsam mit den Familien erfolgen.

Schmerz

Nahezu alle Kinder mit lebensverkürzenden Erkrankungen leiden am Lebensende unter Schmerzen. Bei nichtverbal kommunizierenden Kindern ist das Erkennen, Bewerten und Quantifizieren von Schmerzen ein mindestens ebenso großes Problem wie die aktive Schmerztherapie. Vermehrte Spastizität, erhöhte Reizbarkeit, veränderte Körperhaltung, Lautäusserungen, entsprechende Mimik, Nahrungsverweigerung, Schlafstörung, Unruhe oder Rückzug können Hinweise auf Schmerzen sein.

In PPC-Situationen bestehen oft akute und chronische Schmerzen nebeneinander. Die Schmerz-Ursachen sind vielfältig. Essenziell sind eine gute Schmerzanamnese und die klinische Untersuchung. Als wichtigste Schmerzskalen gelten beispielsweise die FLACC-Skala (Face, Legs, Activity, Cry, Consolability; Neugeborene bis Kleinkinder)(13), die VAS (visuelle Analogskala) und die NRS (numeric rating scale). Für Kinder mit neurologischer Beeinträchtigung kann die überarbeitete FLACC-Skala (r (revised)-FLACC) angewendet werden(14). Therapeutisch sollte, wenn immer möglich, die Ursache kausal behandelt werden.

Nicht-medikamentöse Therapien gehören zu jeder Schmerztherapie. Beispiele hierfür sind: Massagen, Einreibungen, Wärme-, Kälteanwendung, oral-motorische Stimulation, Känguru-Methode, Physio-, Bewegungstherapie, Akupressur, -punktur, progressive Muskelrelaxation, Biofeedback, Kunst-, Musik-, Aromatherapie und medizinische Hypnose. Gerade letztere ist inzwischen durch diverse Studien mit Kindern belegt (vor allem hinsichtlich Bauchschmerzen und Kopfschmerzen)(15-20).

Die Grundregeln der medikamentösen Schmerztherapie werden hier zusammenfassend dargestellt. Wir verweisen auf die Fachliteratur für die detaillierte Anwendung, Aufdosierung und Auswahl des Opioids.

  • Jedes Kind erhält sofort, was es braucht. Das Kind muss die Stufen nicht „erklimmen“.
  • Anders als bei Erwachsenen gibt die WHO bei Kindern einen Zwei-Stufen-Ansatz vor:
    • Stufe I: Nicht-Opioide für milden Schmerz.
    • Stufe II: Nicht-Opioide plus Opioid für moderaten und starken Schmerz.
  • Eine Kombination mit Nicht-Opioiden (WHO-Stufe I und Adjuvantien) zur Optimierung der Schmerztherapie ist zu erwägen, aber nicht zwingend notwendig.
  • Der am wenigsten invasive Zugangsweg ist zu bevorzugen: oral, per Sonde, sublingual, nasal, transdermal, rektal oder nötigenfalls subkutan vor intravenöser Gabe.

Grundregeln der Opioidtherapie:

  • Jeder Patient:in erhält eine Opioidbasistherapie (z. B. Morphin oral: 4-stündliche Gabe) und eine Bedarfsmedikation (1/8 bis 1/6 der Tagesdosis für 1 Reservedosis pro Stunde). Bei einem «opioidnaiven» Kind unter 50kg beginnt man mit einer peroralen Dosierung von 0.1-0.25mg/kg/Dosis. Bei über 50kg betragen mögliche Startdosen 5 – 10mg p.o.
  • Ausser bei Nalbuphin, Tramal und Buprenorphin gibt es bei Opioiden keine Höchstdosis.
  • Limitierend sind einzig die Nebenwirkungen, v.a. Benommenheit und Sedation, Juckreiz sowie eine mögliche Opioid-induzierte Hyperalgesie oder ausgeprägte Toleranzentwicklung, die eine Opioidrotation erfordern. Eine entsprechende Umrechnungstabelle findet sich in Kinder-Palliativmedizin Essentials, S. 33(30).
  • Auch stärkste Schmerzen können im PPC-Bereich häufig ohne i.v.-Zugang kontrolliert werden.
  • Die Obstipation unter Opioiden muss prophylaktisch und dauerhaft behandelt werden. Ausnahme: bei eingeschränkter oder fehlender Ernährung in der terminalen Phase.
  • Bei Patient:innen über 12 Jahren ist der prophylaktische Einsatz von Antiemetika zu Beginn einer Opioidtherapie gerechtfertigt.
  • Psychische Veränderungen (z. B. Euphorie, Verwirrtheit, Albträume, Halluzinationen), Mundtrockenheit und Schwitzen werden bei Kindern unter Opioidtherapie selten gesehen.
  • Schwere Nebenwirkungen aufgrund von Überdosierungen wie z.B. Atemdepression oder Delir sind selten. Wie unter Dyspnoe beschrieben, wird das Leben durch Opioide nicht verkürzt, sondern durch Vermeidung von Stress und Schonung der Kräfte eher verlängert.
  • In Ergänzung zu Opioiden kann bei neuropathischen Schmerzen der Einsatz von Gabapentin, Pregabalin oder Clonidin in Frage kommen. Bei Kompression oder Ödemen können Steroide zum Einsatz kommen. Bei Tumoren mit Kompression von Nervenstrukturen und bei Knochenmetastasen sollte die Möglichkeit einer Radiotherapie erwogen werden. Benzodiazepine, Muskelrelaxanzien (Baclofen), Cannabispräparate und Botulinumtoxin lokal sind bei Muskelspasmen zu erwägen.

Wichtig ist vor einer Opioidtherapie, Ängste der Familienmitglieder oder mitbetreuenden Fachpersonen zu erfragen und zu diskutieren. Ein häufiger Grund einer ungenügenden Schmerztherapie sind Ängste und Vorurteile gegenüber Opioiden. Atemdepression wird durch eine sogfältige Dosierung vermieden. Übelkeit ist im Kindesalter selten und ist meist nach 5-7 Tagen verschwunden. Das Risiko einer Obstipation ist unter entsprechender Prophylaxe nicht erhöht. Auch soll die Sorge vor einer Suchtentwicklung angesprochen werden. Diesbezüglich ist die Kernbotschaft, dass wir im Rahmen der PPC in der Regel nicht auf Suchtprobleme stossen.

Schlafstörungen

Kinder mit chronischen und lebensverkürzenden Erkrankungen leiden sehr häufig unter Schlafstörungen(21). Dies belastet sowohl die betroffenen Kinder als auch das ganze Familiensystem. Die Ursachen sind vielfältig. Eine gründliche Anamnese hilft weiter, klärend ist oft der Einsatz eines Schlafprotokolls. Therapeutisch werden zugrundeliegende Ursachen wie beispielsweise Schmerzen, Nausea, Depression oder Angststörung behandelt.

Bei Kindern ohne kognitive Beeinträchtigung soll die Therapie als Stufentherapie angesehen werden(22). Dazu gehören primär das Fördern einer ausreichenden Schlafhygiene, eine Verhaltenstherapie bei ausgeprägter Symptomatik und ergänzend physikalische Massnahmen wie abendliche Vollbäder mit Lavendel- oder Baldrianzusatz, Bewegung an der frischen Luft, Wickel (zum Beispiel als Lavendel-Herzauflage), Ölmassagen und Lichttherapie. Phytotherapeutisch können Orangenblüten-, Melissen- oder Baldriantee gegeben werden und es stehen verschiedene Präparate zur Verfügung wie zum Beispiel die Silberlinde (Tiliea tomentosa) als Gemmotherapiespray sowie Tinkturen / Dragées aus Hopfen, Melisse oder Baldrian. Die Präparate mit den entsprechenden Dosierungsangaben für Kinder können hier nachgeschlagen werden (Liste wird regelmässig aktualisiert). Eine geführte Entspannungsreise im Sinne einer sanften Tranceinduktion wirkt einschlaffördernd. Akupunktur / Akupressur, insbesondere auch die japanischen Techniken Shonishin und Toyohari, wirken regulierend auf den Schlafrhythmus. Die Wirkung kann durch Applikation von kleinen Dauernadeln oder -kügelchen verlängert werden. Eine medikamentöse schlafanstossende Therapie ist in Ausnahmefällen nötig.

Bei Kindern mit komplexen neurologischen Erkrankungen lässt sich die Schlafstörung in der Regel weniger auf eine konkrete, sondern vielmehr auf eine multifaktorielle Ätiologie zurückführen(23). Betrachtet man die einzelnen Arten von Schlafstörungen, so finden sich am häufigsten Ein- und Durchschlafstörungen, zirkadiane Schlaf-Wach-Rhythmusstörungen sowie schlafbezogene Atmungsstörungen. Die möglichst optimale Behandlung von Schlafstörungen ist aufgrund der damit einhergehenden Belastungen für die gesamte Familie hochgradig relevant, jedoch komplex und sollte aus diesem Grund stets einem multimodalen Ansatz folgen(23, 24).

Die medikamentöse Therapie bei Schlaflosigkeit umfasst Chloralhydrat, Benzodiazepine, Antihistaminika, Melatonin und (atypische) Neuroleptika. Die häufig verwendeten Benzodiazepine führen zu einer Minderung der Tiefschlafphasen mit gleichzeitigem Überhang in den Tag und längerfristigem Wirkungsverlust. Ihre Bedeutung liegt vor allem in der Kombination von antikonvulsiver, angstlösender, schlafinduzierender und sedativer Wirkung. Neuroleptika sind bei Kindern mit schwerer Entwicklungsstörung, bei Parasomnien und Aggressivität, Stereotypien oder Selbstverletzung zu erwägen. Melatonin erscheint sinnvoll bei gestörtem Tag-Nacht-Rhythmus bei Kindern mit schwerer Entwicklungsstörung in Verbindung mit einer beeinträchtigten Wahrnehmung von Tag-Nacht-Übergängen. Bezüglich konkreter Dosierung einzelner Wirkstoffklassen verweisen wir auf entsprechende Fachliteratur.

Magen-Darm-Trakt

Ernährung und Hydrierung

Patient:innen mit schwerer Mehrfachbehinderung sind fast regelhaft von Ernährungsproblemen betroffen. Vorherrschend dabei ist die Malnutrition. Probleme der Zähne, des Zahnfleisches, der Mundschleimhaut sowie eine Obstipation sollen als Mitgrund bedacht werden. In den meisten Fällen wird im Verlauf eine enterale Ernährungstherapie (Sondenernährung) erwogen.

Tritt ein Anorexie-Kachexie-Syndrom zu einem Zeitpunkt des Krankheitsverlaufs auf, an dem noch eine Behandlung angezeigt ist, werden mögliche Ursachen eruiert und ggf. therapeutisch angegangen: Dehydratation, Übelkeit / Erbrechen, Gastritis, Obstipation, oro-ösophageale Entzündungen und Schmerzen. Des Weiteren sollen die Ernährung und Nahrungsaufnahme optimiert werden, bei Bedarf mit Unterstützung durch die Ernährungsberatung. Eine künstliche Ernährung sollte ein Gewinn an Lebensqualität für das Kind bedeuten und diesbezüglich mit realistischen Zielen und Erwartungen verbunden sein.

Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Kinder mit schwerer neurologischer Beeinträchtigung (SNB) die Nahrung im Verlauf schlecht tolerieren. Neben zu hoher Osmolarität der Nahrung und einer zu hohen Ernährungsrate (Ernährungspumpe), liegt die Nahrungsintoleranz an der Überernährung, da Kinder mit SNB einen deutlich erniedrigten Kalorienbedarf aufweisen. Verwendet man Richtlinien des Kalorienbedarfs für Kinder mit Cerebral Parese, kann der Kalorienbedarf für jene mit SNB um 30-40% überschätzt werden. Bei Erbrechen bestehen in der PCC gute Erfahrungen durch Reduktion der Nahrungsmenge um 30 %.

Im Rahmen des Sterbeprozesses sind abnehmendes Hungergefühl als auch Gewichtsverlust «normale» Vorgänge. Nicht selten kündigt sich die terminale Situation durch eine Nahrungsunverträglichkeit oder eine Anorexie an. Wichtig ist die antizipatorische Aufklärung der Angehörigen darüber.

Obstipation

Bei etwa 30–40 % der pädiatrischen Palliativpatient:innen tritt eine Obstipation auf(25, 26). Bei Kindern mit anderen schweren chronischen Erkrankungen, die häufig mit einem oder mehreren der nachfolgend genannten Störungsbilder – Funktionsstörungen des ZNS, psychomotorische Entwicklungsstörung, neuromuskuläre Störungen – einhergehen, stellt sie ein typisches Begleitsymptom der Grunderkrankung dar(27).

Eine Obstipation kann zu einer signifikanten Einschränkung der Lebensqualität führen und wird trotzdem bei vielen Patient:innen spät oder zu zurückhaltend behandelt(28). Es ist das Ziel, eine schwere Obstipation durch präventive oder frühzeitige Behandlung zu verhindern. Besonders bei Risikofaktoren ist eine Therapie frühzeitig und mit angemessener Dosierung zu beginnen. Medikation der ersten Wahl sind osmotisch wirksame Laxanzien wie Macrogolum. Bei akuter Situation und hartem Stuhl in der Ampulle kann mit einem Glycerin-Suppositorium ergänzt werden. Findet sich in der Ampulle weicher oder fehlender Stuhl, empfehlen wir den Einsatz eines Bisacodyl-Suppositoriums. Bleibt eine Besserung trotzdem aus, kann ggf. mit phosphathaltigen Einläufen kombiniert werden (Cave: Kontraindikationen). Kleinste Dosen Naloxon p.o. oder Methylnaltrexon s.c. (APPM, 2024, S. 144) können bei therapierefraktärer opioidinduzierter Obstipation eingesetzt werden.

Zu Beginn einer Obstipationssymptomatik oder bei nur leichten Beschwerden erzielt man zum Beispiel durch den Einsatz von Magnesium, dem Zusatz von Kokosöl in die Ernährung, die Gabe von Feigenwasser oder ab dem 6. Lebensjahr Flohsamenschalenpulver sowie PHGG (teilhydrolysiertem Guarkernmehl) eine Regulation und Normalisierung der Darmperistaltik. Wickel, wie zum Beispiel ein feucht-warmer Leberwickel, lindern obstipationsbedingte Bauchschmerzen. Akupunktur oder Akupressurmassage wirkt entleerungsfördernd. Wichtig für die Compliance ist das Verständnis der Kinder und der Eltern für die Problematik.

Übelkeit und Erbrechen

Übelkeit und Erbrechen sind häufige, multifaktorielle Symptome bei Kindern mit onkologischen und nicht-onkologischen Grunderkrankungen während der palliativen Behandlung und am Lebensende. Ursächlich können neben der Grunderkrankung die Ernährung (Menge und Zusammensetzung), Medikamentennebenwirkungen, gastrointestinale Probleme (Stase, Obstipation, Obstruktion, Infektion), metabolische und neurovegetative Störungen wie auch emotionale Faktoren beteiligt sein.

Die Behandlung erfolgt wenn immer möglich ursachenorientiert, wobei dies v.a. bei Kindern mit komplexen neurologischen Erkrankungen häufig nicht gelingt. Nicht-medikamentöse Massnahmen spielen eine wichtige Rolle. Zu beachten sind insbesondere Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr, Mundpflege, Vermeiden unangenehmer Gerüche, Körperposition, frische Luft, Entspannungs- und Ablenkungstechniken, Aromatherapie und Akupressur. Viele Kinder und deren Familien haben diesbezüglich gute Kenntnis, was in einer bestimmten Situation hilfreich ist.

Medikamentös kommen die Wirkstoffe aus der Onkologie und Anästhesie zur Behandlung von Chemotherapie-induzierter oder postoperativer Übelkeit und Erbrechen zum Einsatz (5-HT3-Rezeptor-; D2-Rezeptor- und H1-Rezeptor-Antagonisten und Steroide), selten auch Cannabinoide(29).

Palliative Sedierung

Selten ist bei Kindern und Jugendlichen am Lebensende eine palliative Sedierung notwendig. Sie wird bei nicht kontrollierbaren, belastenden Symptomen am Lebensende eingesetzt, um Leiden und Ängste der Kinder und ihrer Familien zu reduzieren. Das Ziel ist nicht, das Leben eines Kindes zu verkürzen. Die palliative Sedierung erfolgt in Kombination mit der gezielten Behandlung leidvoller Symptome, inkl. Analgesie, um therapierefraktäre Symptome wie Schmerzen, Atemnot und Unruhe zu lindern und erträglich zu machen. Für einen sicheren Umgang mit der Indikation für eine palliative Sedierung sollten PPC-Fachpersonen einbezogen werden.

Schlussfolgerung

Die Therapie von leidvollen Symptomen am Lebensende kann sehr herausfordernd sein und erfordert eine interdisziplinäre Herangehensweise.

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  30. Als Quellen dienten zusätzlich zu den erwähnten die Bücher Kinderpalliativ-Essentials (Jürg Streuli et al) und Pädiatrische Palliativversorgung (Boris Zernikow)

Weitere Informationen

Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Erika Süess, Pädiatrische Palliative Care, UKBB, Basel
Dr. med. Mercedes Ogal, Integrative Medizin Innerschweiz AG, Brunnen
PD Dr. med.  Hans-Ulrich Bender, Pädiatrische Palliative Care, Universitätsklinik für Kinderheilkunde, Inselspital, Bern
PD Dr. med. Eva Bergsträsser, Kompetenzzentrum Pädiatrische Palliative Care, Universitäts-Kinderspital, Zürich