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Pädiatrische Dermatologie auf dunkler Haut

Abstrakt

Im klinischen Alltag führen Hautveränderungen auf dunkler Haut oft zu Unsicherheit. Bestimmte Hauterkrankungen fallen auf dunkler Haut stärker auf, während andere eine unterschiedliche Häufigkeit oder Erscheinungsform haben als auf heller Haut. Ein Verständnis der physiologischen Unterschiede und spezifischen Merkmale ist hilfreich bei der Diagnosestellung. Selbst gewöhnliche Hauterkrankungen können herausfordernd sein, da das Erythem, ein wichtiger Hinweis für die Interpretation von Hautveränderungen, schwieriger zu erkennen ist oder sogar ganz fehlt.

Physiologie der Hautfarbe

Entgegen der üblichen Annahme ist nicht die Anzahl der Melanozyten für die Unterschiede in der Hautfarbe verantwortlich, sondern die Grösse der Melanozyten, die Grösse und Verteilung der Melanosomen sowie die Art des Melanins. In dunkler Haut sind die Melanosomen grösser und gleichmässig verteilt, hauptsächlich enthält sie Eumelanin und nicht Phäomelanin wie in heller Haut.

Atopisches Ekzem

Menschen mit dunkler Haut neigen häufiger zu trockener Haut. Ursächlich geht man von einem verminderten Ceramidspiegel und geringerer Bindekraft der Zellen aus, was zu einem erhöhten transepidermalen Wasserverlust führt. Das atopische Ekzem scheint bei dunkelhäutigen Patient:innen eine höhere Prävalenz zu haben. Die Diagnose kann auf dunkler Haut Schwierigkeiten bereiten, da das begleitende Erythem allenfalls nur durch eine diskret dunkler erscheinende oder violette Farbe erkennbar ist. Die Ekzem-Morphe zeigt sich zudem nicht selten mit rauen Papeln am Rumpf oder an den Extensoren. Eine gute Beleuchtung ist wichtig für die Beurteilung der Haut, wobei eine zusätzliche leicht seitliche lokale Lichtquelle zur Beurteilung der Textur hilfreich ist. Durch Ertasten der Läsionen und der Frage nach Juckreiz gewinnt man häufig zusätzliche Information.

Der Grundpfeiler der Behandlung sind auch hier Lokalsteroidpräparate. Bei der Wahl einer Lichttherapie sind höhere Energiedosen erforderlich als bei weisser Haut. Die Ekzemläsionen heilen mit Pigmentveränderungen ab. Eine gute Beratung ist auch hier wichtig für die Compliance, dass die Hypopigmentierungen von der atopischen Dermatitis herrühren und nicht iatrogen durch topische Steroide bedingt sind.

Auffälliger bei dunkelhäutigen Patient:innen ist eine Pityriasis alba, die sich durch runde, diskret kleieförmig schuppende, unscharf begrenzte Hypopigmentierungen im Wangenbereich auszeichnet. Die betroffenen Stellen treten aufgrund des Kontrasts zur gesunden dunklen Haut deutlicher hervor als bei heller Haut. Trotz des Namens handelt es sich bei der Pityriasis alba nicht um eine Pilzerkrankung, sondern um eine minimale Form eines Ekzems. Die Unterscheidung einer Vitiligo ist hierbei besonders wichtig, da bei letzterer scharf begrenzte Depigmentierungen auftreten. Therapeutisch empfiehlt sich neben der Basispflege die Anwendung eines topischen Steroids (kurzzeitig Klasse 2 oder 3) oder eines Calcineurin-Inhibitors, letzterer über mehrere Wochen hinweg. Neue Daten zu dieser Wirkstoffklasse bestätigen zudem unsere Erfahrung eines sehr guten Sicherheitsprofiles. Es ist wichtig, den Familien mitzuteilen, dass für die Repigmentierung eine gewisse UV-Exposition erforderlich ist.

Abbildung 1. Pityriasis alba

Keloide und Acne vulgaris

Das Risiko für das Auftreten von hypertrophen Narben und Keloidbildungen ist erhöht bei Patient:innen mit dunkler Haut. Dies ist auf die erhöhte Anzahl grosser und vielkerniger Fibroblasten zurückzuführen. Das Wissen um diese unterschiedliche Neigung zur Narbenbildung bei verschiedenen Hautfarben ist wichtig für Therapieentscheidungen, wie beispielsweise bei Exzisionen oder der Behandlung von Akne.

Bei einer Akne vulgaris, insbesondere im Bereich des Rückens oder der Brust, sollte deshalb frühzeitig eine systemische Retinoidtherapie in Betracht gezogen werden, da an diesen Stellen das Risiko für Keloidbildung erhöht ist.

Eine Akne vulgaris im Gesichtsbereich kann zu postinflammatorischen Hyperpigmentierungen führen, ein Problem, das auch bei anderen entzündlichen Hauterkrankungen auftreten kann. Im Gesicht werden sie aber häufig als besonders störend wahrgenommen. Die Aufklärung über die monatelange Persistenz ist hier wichtig. Prophylaktisch empfiehlt sich ein konsequenter Sonnenschutz; bei zu Akne neigender Haut sollte ein nicht-fettendes Produkt gewählt werden. Topische Akne-Präparate mit Benzoylperoxid, topischen Retinoiden und Azelainsäure können bedenkenlos verwendet werden, da insbesondere die letzten beiden sowohl die Akne als auch die postinflammatorische Hyperpigmentierung verbessern können.

Tinea capitis

Die Haarfollikel dunkelhäutiger Menschen sind insbesondere bei Kindern prominenter. Dies erklärt die häufig stärkere Ausprägung follikulär gebundener Dermatosen wie bspw. der Tinea capitis.

Diese ist die häufigste Tinea im Kindesalter, wobei dunkelhäutige Kinder häufiger betroffen sind. Diese Infektion wird durch Dermatophyten hervorgerufen, wobei im Kindesalter häufiger zoophile Erreger zu finden sind als antropophile und geophile. Das klinische Spektrum ist abhängig vom Erreger und der Immunantwort und reicht von nur leichter Schuppung und/ oder Pusteln bis zur abszedierenden Form (Kerion celsi) mit occipitaler Lymphadenopathie mit ggf. Fieber. Der im Rahmen einer Tinea auftretende Haarverlust ist häufig reversibel, wobei es je nach Schwere der Entzündungsreaktion auch zu einer dauerhaften Zerstörung des Haarfollikels kommen kann. Die Therapie muss systemisch erfolgen, da topische Produkte nicht ausreichend tief in die Haarfollikel penetrieren.

Bei der systemischen Therapie stehen in der Schweiz Terbinafin Tabletten (können zermörsert werden) oder Itraconazol Lösung und Tabletten (nüchterne Einnahme) zur Verfügung. Terbinafin ist ab dem Alter von 2 Jahren zugelassen, während Itraconazol zwar im Kindesalter nicht zugelassen ist, aber seit Jahren regelmässig auch im Kindesalter eingesetzt wird und als absolut sicher gilt. Essentiell ist vor Therapiebeginn eine mykologische Kultur (mit Schuppen und ausgezupften Haaren) durchzuführen, da die Wahl des oralen Antimykotikums abhängig vom Erreger ist. Es soll direkt nach Probenentnahme eine systemische Therapie gestartet werden und bei Vorliegen des Kulturergebnisses die Therapie ggf. angepasst werden. Terbinafin ist effektiver wirksam gegenüber Trichophyton Spezies, Itraconazol gegenüber Microsporum Spezies. Bei Kindern mit afrikanischem Hintergrund ist Terbinafin die erste Wahl.

Die Therapie soll bis zum Vorliegen eines negativen Kulturresultates erfolgen (häufig sind 2 Monate Therapie nötig). Eine Kulturabnahme sollte nach 4 Wochen Behandlung, danach nach weiteren 2 Wochen erfolgen. Sobald die Kinder behandelt sind, können sie die Schule/Kindergarten wieder besuchen. Die restlichen Familienmitglieder sollen untersucht werden. Bei asymptomatischen Kontaktpersonen empfiehlt sich die Verwendung eines antimykotischen Shampoos (bspw. Ketoconazol- oder Ciclopirox-haltig). Bei Haustieren empfiehlt sich eine Untersuchung des Tieres beim Tierarzt. Durch die fungistatische Wirkung der Sebumtriglyceriden nimmt ab der Adoleszenz die Inzidenz der Tinea capitis deutlich ab.

Abbildung 2. Tinea capitis mit Trichophyton violaceum
Abbildung 3. Tinea corporis mit Trichophyton violaceum

Traktionsalopezie

Die Haardicke ist bei dunkelhäutigen Kindern nicht einheitlich, der Durchmesser des Haarschaftes nicht rund sondern elliptisch, was zu einer Kräuselung führt. Diese Merkmale führen zu einer erhöhten Brüchigkeit, was die Frisierbarkeit erschwert. Regelmässige mit Zug gemachte Haarknoten (Dutt), Zöpfchen oder Pferdeschwänze führen mit der Zeit zu einer Traktionsalopezie. Diese ist im Anfangsstadium noch reversibel. Bei kontinuierlichem Zug droht aber eine vernarbende und somit irreversible Alopezie mit steter Verschiebung der Haargrenze nach dorsal. Die Aufklärung der PatientInnen über die Notwendigkeit, den Zug auf die Haarwurzeln zu mindern, ist essentiell. Besonders von der Kombination von chemischen Relaxern mit Frisuren, welche mit einem festen Zug auf das Haar (Zöpfchen, etc.)  verbunden sind, sollte abgeraten werden.

Finger- und Zehennägel

Auch bei dunklem Hauttyp weisen die Nägel im Vergleich zur Haut eine geringere Pigmentierung auf. Die Manifestation von Nagelveränderungen bei Hauterkrankungen wie Psoriasis vulgaris ist deutlich erkennbar, gekennzeichnet durch Tüpfelnägel, Ölflecken und subunguale Hyperkeratose. Darüber hinaus können die Nägel (sowie die Konjunktiven) Rückschlüsse auf den Hautkolorit wie Blässe oder Ikterus ermöglichen. Physiologisch tritt häufig eine Melanonychie striata longitudinalis auf, gekennzeichnet durch längliche, homogene, dunkle Streifen am Nagel. Obwohl diese bei allen Hauttypen auftreten können, sind sie bei dunkler Haut wesentlich häufiger anzutreffen. Insbesondere im Erwachsenenalter müssen subunguale Nagelmelanome abgegrenzt werden. Eine Hyperpigmentation der Mundschleimhaut ist bei dunkelhäutigen Personen physiologisch.

Noch ein Hinweis für die Fotographie von dunkler Haut, auch für ggf. telemedizinische Anfragen: Für den Hintergrund soll idealerweise ein grauer Farbton gewählt werden, auf schwarz sollte verzichtet werden. Eine gleichmässige Ausleuchtung bringt häufig bessere Resultate als die Verwendung eines Blitzes, welcher tendenziell zu einer Überbelichtung führt.

Abbildung 4. Psoriasis vulgaris
Abbildung 5. Melanonychia striata

Referenzen

  • P.Schmid-Grendelmeier. Dermatosen auf dunkler Haut. Hautnah Dermatologie 2022;38:28-33.
  • KN Mitchell, YK Tay, CR Heath et al. Emerging issues in pediatric skin of color, part 1+2. Pediatric Dermatology 2021;38:20-36.

Weitere Informationen

Übersetzer:
Rudolf Schlaepfer
Korrespondenz:
Autoren/Autorinnen
Dr. med. Isabelle Luchsinger, Zentrum Kinderhaut, Abteilung Dermatologie, Universitäts-Kinderspital, Zürich